Kai-Uwe Götz
Fotografie  und Lyrik 


Seele der Erde


Die Seele der Erde ist wie ein blühender Kirschbaum
In blutigem Morast
In seinen Ästen sitzen fröhlich trällernd
Bunt schillernde Paradiesvögel
Die die Luft mit beißendem Verwesungsgeruch erfüllen
Ihre flinken messerscharfen Schnäbel
Putzen das zerzauste pestverseuchte Gefieder
Lassen blutbefleckte Federstücke
Auffliegen ins Zwielicht
Der blassgelben Sonne die tief am Himmel steht
Die Weltordnung ist unter Trümmer begraben
Das Böse lechzt nach fruchtbaren Blute
Das die Äcker der Apokalypse düngt

Apokalypse 1
Apokalypse 1


Die Seele der Erde ist wie ein blühender Kirschbaum
In blutigem Morast
Unter dem sich die Liebenden
Nach inniger Umarmung
Zärtlich hasserfüllt die Augen ausstechen
Ehe ihre Haut in Fetzen verfault
Für die fetten Leichenmaden
Und die immerhungrigen Aasfresser
Bleibt nichts als schwarze Asche
Aus der die ausgestochenen Augen leuchten
Wie die frischen Blüten des Kirschbaums
Trotzend den letzten Frösten
Aus den leidüberladenen Nächten der Apokalypse

Apokalypse 2
Apokalypse 2


Die Seele der Erde ist wie ein blühender Kirschbaum
In blutigem Morast
Einstmals gepflanzt
Von erbkranken mutterlosen Missgeburten
In mond- und sternenlosen gottverlassenen Nächten
Geweiht mit den verfaulten Gebeinen
Verstorbener Wahrheiten
Gesegnet mit dem Auswurf zerfressener Lungen
Bar jeder Vernunft und Hoffnung
Pumpen sie noch heute
Voller Mordgier und geiler Zerstörungswut
Fauliges Aas mit rasselndem Atem in sich hinein
Und würgen es halbverdaut
Wieder heraus aus dem blutverschmierten Rachen
Mit den gurgelnden Schmerzensschreien
Der vier Reiter der Apokalypse

Apokalypse 3
Apokalypse 3


Die Seele der Erde ist wie ein blühender Kirschbaum
In blutigem Morast
Der sich rauschend schüttelt
Im aufbrausenden Wind
Der zum gewaltigen Sturm anwächst
Ein flimmerndes federleichtes Meer
Von weissrosa Blütenflocken
Aus Unschuld und endlicher Reinheit
Auf das Land um und unter sich schneiend
Das so verzweifelnd an seinem Dasein trägt
Zeichen der Hoffnung und Zuversicht
Mahnung gegen den Hass und die Lüge
Treueschwur an das keimende Leben
Vorahnung ewiger menschlicher Werte
Und unter der Blütenpracht schlummert
Der Alptraum aus apokalyptischen Nächten
© Kai-Uwe Götz

Apokalypse 4
Apokalypse 4