Kai-Uwe Götz
Fotografie  und Lyrik 


Erschienen in „Orkus“ / Ausgabe 46 / von Alfred Pompe


„Poesie des Todes und andere Lebendigkeiten“ lautet der erste Gedichtband von Kai-Uwe Götz. Und der Titel hätte nicht treffender gewählt werden können. Der 43jährigr Altenpfleger hat durch seinen Beruf gelernt zuzuhören und zahlreiche Menschen auf ihrem letzten Lebensweg begleitet. Und so entstanden Gedichte, die ihresgleichen suchen, den Sinn des Lebens und die eigene Sterblichkeit hinterfragend und suchend. „Worte in den Wind“ hingegen, das zweite Buch des Autors, beschäftigt sich weniger mit dem Tod als mit den Schattenseiten des menschlichen Seins und beleuchtet kritisch dessen Verhalten und Emotionen. Bekannt wurde Kai-Uwe Götz nicht nur durch seine Gedichte, sondern auch für seine Fotografien, die regelmäßig auf Ausstellungen zu bewundern waren, zuletzt auf der Leipziger Buchmesse. Und so sind auch beide Werke illustriert, entweder durch Fotos oder Zeichnungen und bilden mit den Werken eine Einheit. Die Texte beider Lyrikbände sind sehr tiefsinnig, nachdenklich und metaphernreich und laden den Leser förmlich ein, in sich zu gehen. Sie spreche sowohl den Verstand als auch Gefühl an. Allerdings sind die Gedichte zugleich auch sehr düster und melancholisch gestalten, was durch die bildhafte Sprache und das Thema noch betont wird. Wer schwarzromantische Literatur sucht wird hier mit Sicherheit fündig.

Alfred Pompe: Du bist von Beruf Altenpfleger und hast das Sterben vieler Menschen hautnah erfahren müssen. Hat dies in dir den Wunsch geweckt Gedichte zu schreiben und inwieweit hat es dein Schaffen beeinflusst?
Es war nicht direkt ein Wunsch der geweckt wurde, es war viel mehr ein inneres Bedürfnis, ein Drang. Wenn man dem Sterben so oft begegnet ist, muss man es irgendwie verarbeiten und das ist für mich das Schreiben. Aber das ist nur ein Aspekt meiner Lyrik und diese Art von Schreiben hat seinen direkten Bezug zu meinem ersten Buch „Poesie des Todes und andere Lebendigkeiten“. Damit es aber nicht zu einseitig wird, auch nicht in meinem persönlichen Leben und Schreiben, habe ich mich wieder mit den Menschen an sich und seinem direkten Umfeld beschäftigt, was sich dann in gesellschaftskritischen Gedichten niederschlägt. Aber der Tod wird immer eine wichtige Rolle in meiner Lyrik spielen.

Alfred Pompe: „Poesie des Todes“ befasst sich schließlich intensiv mit dem Thema Tod. Wie betrachtest Du Deine eigene Sterblichkeit?
Ich mache mir fast jeden Tag bewusst, dass ich nicht ewig lebe. Das menschliche Leben besteht aus Erfahrung und Lernen und je älter man wird, desto mehr kommt es einem vor, dass das Lernen schwerer wird, doch das Schwerste, was wir erlernen können und müssen ist unser eigenes Sterben. Heute herrscht im Bewusstsein der Gesellschaft der Eindruck vor, dass Tod und Leben zwei entgegengesetzte sich ausschließende Phänomene sind, denn wer tot ist kann nicht leben und wer lebt ist nicht tot. Aus diesem Grunde wird der Tod tabuisiert und das Leben, besonders die Jugendlichkeit, vergötzt. Noch schöner, noch besser, das ist der heutige allgegenwärtige und schon fast als normal betrachtenden Leistungsdruck. Das wir nicht gut damit leben zeigt der Zulauf der Menschen zu psychiatrischen Therapien, weil sie unterschwellig ahnen das diese Trennung von Leben und Tod nicht die Wahrheit ist, dass sie sich selbst fremd dadurch werden. In einem Gedicht habe ich dem Tod das Wort gegeben:

Meine Sonne scheint in deiner Nacht
Es ist Zeit loszulassen
Vom trügerischen Halt deines Lebens
Und dich mir ganz zu geben
Bis da nichts mehr ist
Zwischen dir und mir

Und du erkennst:
Daß du dem Leben näher
Niemals sein kannst


Es genügt nicht das Wissen allein darum, dass jeder Tag uns zum Tode führt, wir müssen es verinnerlichen, wir müssen es bewusst bejahen, dann und nur dann können wir die Kostbarkeit des Lebens wahrnehmen und leben – nicht einfach nur vegetieren. Der Tod ist der einzige Ratgeber den wir besitzen, denn nur die Endlichkeit gibt uns das Wissen um Wichtiges und Unwichtiges in unserem Leben. Der Tod rät uns zum Leben.

Alfred Pompe: Du bist neben Lyriker auch Fotograf, deine Fotos waren auf viele Ausstellungen zu sehen, wie zuletzt auf der Leipziger Buchmesse. Betrachtest du Bilder und Gedichte als sich ergänzende Einheit oder trennst du beides voneinander?
Sowohl als auch. Es gibt Fotos zu denen passen keine Worte, die sind so stark in ihrem Ausdruck, in ihrer Botschaft, dass jedes Wort nur stören würde. Und dann gibt es auch Gedichte die nur für sich alleine eine starke Wirkung haben. Wo jedes Bild nur vom Wort ablenken würde. Aber das sind eigentlich Ausnahmen. Ich versuche tatsächlich mit Wort und Bild eine Einheit zu schaffen. Eine harmonische Komposition von Visuellem und Intellektuellem. Ich hatte mal eine Ausstellung kreiert, wo neben Bild und Wort auch eine musikalische Untermalung vorhanden war. Leise Klaviermusik mit Vogelstimmen. Dies alles zusammen, Auge, Ohr und Intellekt machte die Ausstellung vollends zu einem harmonischen Erlebnis, trotz des relativ schweren Thema „Tod“. Ich denke solcher Art von Ausstellungen kann einem ein bisschen die Angst vor dem Tode nehmen. Jedenfalls hatte ich hier die meisten positiven Rückmeldungen seitens der Besucher.

Alfred Pompe: „Worte in den Wind“ befasst sich hingegen mit den Schattenseiten des Menschen und seinen Umgang mit der Umwelt. Deine Werke in beiden Büchern sind sehr düster Gehalten. Aber wie sieht der Mensch Kai-Uwe Götz dahinter aus?
Der Mensch Kai-Uwe ist ein nachdenklicher, meist introvertierter Mensch, ein zuhörender und beobachtender Mensch. Zurückhalten, ein Mensch der leisen Töne. Der in sich selber ruht. Der ab und zu das Alleinsein braucht. Der immer wieder versucht seine eigene Tiefe auszuloten. Geistige und emotionale Extreme suchend. Der versucht mit seinem Unterbewusstsein in Kontakt zu treten, weil ich meine, dass hier der interessanteste Stoff für zu Gedichte zu finden ist. Es gibt aber auch den lebenslustigen Menschen Kai-Uwe, der auch über sich selbst lachen kann. Dies sehen aber nur Menschen,, die mir sehr, sehr nahe stehen.