Kai-Uwe Götz
Fotografie  und Lyrik 


20.10.2023

Sind wir noch zu retten?

Es gibt hunderte Milliarden Planetensysteme in unserer Milchstraße. Unser Sonnensystem ist ca. 4, 6 Milliarden Jahre alt und unsere Galaxie ist fast so alt wie das Universum. Nimmt man an dass Leben weit verbreitet ist und zumindest auf anderen Planeten intelligente Zivilisationen entstanden sind, dann sollte irgendwo in unserer Galaxie Zivilisationen existieren, die schon viel weiter entwickelt sind als die unsere. Das ist keine Spinnerei sondern Mathematik. Denn unsere Zivilisation existiert seit etwa 10.000 Jahren, auf moderne Technologie können wir seit einigen Hundert Jahren zugreifen. Unsere Art, der Homo sapiens, existiert seit etwa einer Vierteilmillion Jahren. Das ist ein Wimpernschlag verglichen mit dem Alter unserer Galaxie der Milchstraße. Nimmt man an dass wir nicht die einzige Zivilisation in unserer Galaxie sind, dann müssen zumindest einige Zivilisationen Jahrmilliarden Jahren vor uns entstanden sein. Aber: er wo sind sie?

Die Entfernungen sind nicht so gewaltig, als dass eine Reise von Planetensystem zu Planetensystem prinzipiell unvorstellbar wäre. Erst recht nicht für eine Zivilisation die schon Millionen von Jahren existieren würde. Bedenken wir doch einmal: Von den Gebrüdern Wright bis zum Mondflug hat es weniger als ein Menschenleben gebraucht. Was könnte die Menschheit in den nächsten 100 Jahren schaffen? Oder in 10.000 Jahren. Oder in 10 Millionen Jahren? Ist da eine Reise von einem zum anderen Planeten dann noch immer unvorstellbar? Das Gegenteil wäre wohl eher der Fall.

Die Frage lautet also: warum sind wir bisher in keinen Kontakt getreten mit einer außerirdischen Zivilisation angesichts so vieler Milliarden Sonnensystemen und so vieler Milliarden Jahre. Nach einer, so gar nicht mal so komplizierten Rechnung, die allgemein als die „Drake-Gleichung“ bekannt ist kommt man auf ca. 10.000 Zivilisationen mit denen wir kommunizieren könnten, wenn wir genügend Radioteleskope und den Willen zu einer systematischen Suche hätten.

Doch man muss sich auch die Frage stellen wie lange die Lebensdauer einer Zivilisation ist. Wenn eine Zivilisation vor einer Milliarden Jahre entstanden ist und kurz darauf wieder unterging, hätten wir niemals mit ihr kommunizieren können. Auch die Menschheit steht kurz davor unterzugehen – aus verschiedenen Gründen. Die Vorstellung dass sich eine Zivilisation selbst zerstört ist irrsinnig und sehr wahrscheinlich zugleich. Wir sind leider nicht gut in langfristiges und nachhaltiges Denken, wie die jüngste Geschichte dramatisch zeigt. Wir sind ideologisch äußerst primitiv in unserem zerstörerischen Drang und wir sind pathologisch außerstande miteinander in Frieden zu leben.

Vielleicht verbirgt sich hinter der Lebensdauer einer Zivilisation der Grund für die große Stille in unserer Galaxie. Der Grund, warum wir mit niemanden in Kontakt getreten sind, ist nicht der Mangel von Planeten auf denen es möglich ist Leben entstehen zu lassen, sondern in der unvermeidlichen Dummheit intelligenter Wesen. Zivilisationen jagen sich zwangsweise in die Luft, kurz nachdem sie die Radiotechnologie entwickelt haben. Deshalb bleibt es in der Milchstraße für immer still, abgesehen von einem kurzen Aufflackern von Intelligenz, das aber sich nicht mit der unsrigen Zeitspanne überschneidet.

Doch kann man annehmen dass menschliche Dummheit tatsächlich universell ist? Nein. Doch wir haben nur unsere Erde als Orientierungshilfe und so können wir auch in der Frage der Lebensdauer von Zivilisationen bestenfalls von unseren eigenen Erfahrungen ausgehen.

Rekapitulieren wir doch einmal: 1911 wurde der Atomkern entdeckt und nur 34 Jahre später wurden mit Hilfe der Nukleartechnologie zwei Städte ausradiert. Mehr als 200.000 Menschen fanden den Tod. Und jetzt wird es wirklich irrsinnig, denn nur 17 Jahre nach diesem Schrecken, also mit dem Wissen was für eine Verwüstung Atombomben anrichten, waren der russische und der amerikanische Präsident kurz davor, der ganzen Welt ein Ende zu setzen. Wir kenne diese Geschehnisse unter dem Namen „Kuba-Krise“

Und auch heute stehen wir wieder kurz davor uns mit einem Schlag völlig zu vernichten.

Es scheint das Vernunft, Zukunftsdenken sowie Wertschätzung allen Lebens auf der Erde nur von einer geringen Minderheit geschätzt wird. Warum sollen andere junge Zivilisationen anders sein? Wenn das der Grund für die große Stille im Universum ist, dann können wir zumindest Trost daraus schöpfen, dass wir nicht die einzigen Vollpfosten in der Milchstraße sind. Für mich jedoch ist es nur ein äußerst schwacher Trost.

Gut, man könnte jetzt argumentieren dass das Gleichgewicht des Schreckens, also der sog. Kalte Krieg unsere Zivilisation vor der Selbstzerstörung geschützt hat. Doch der kalte Krieg ist Geschichte denn seit dem Ukrainekrieg befinden wir uns in einem heißen Krieg – die aktuellsten Vorkommnisse und das damit verbundene Grauen in Israel und Westjordanland und die Gefahr eines Flächenbrandes kann man getrost dazurechnen.

Ja, wir befinden uns in einer Zeitenwende, doch diese Wende schlägt die Menschheit in ihrer Entwicklung zurück. Immer mehr Kriege drohen auszubrechen, aberwitzige Summen an Geld wird in die Rüstung gesteckt anstatt in die Bildung und Demokratien geraten immer mehr unter Druck oder werden durch Diktaturen ersetzt.

Vielleicht wird kein intelligentes Wesen seine Zivilisation wissentlich zerstören, was durch einen atomaren Weltkrieg auf der Erde ja der Fall wäre. Letztlich sahen es auch die Präsidenten in der Kuba-Krise so gesehen. Uns bleibt nur zu hoffen das die heutigen Machthaber der Atomstaaten es genauso sehen – jedoch ich habe so meine Zweifel. Wie wird Putin reagieren, wenn er in die Ecke gedrängt wird? Was ist mit dem Irak, wenn er tatsächlich eine Atombombe entwickelt? Ich fürchte um Israel ist es dann geschehen – und um uns dann auch – eine alles vernichtende Kettenreaktion würde in Gang gesetzt.

Völlig abwegig? Die Vernunft wird siegen? Schauen wir doch einmal wie es um die Vernunft anderweitig steht: Allgemein hat man angenommen, dass sich die häufenden Überflutungen ganzer Landesteile durch einen steigenden Meeresspiegel, die sich häufenden Unwetterkatastrophen sowie die verheerenden Waldbrände durch die allgemeine Trockenheit auf der gesamten Erde, die sog. Klimaskeptiker zum Verstummen bringen würde und sich die Energiepolitik weltweit so wandeln würde, dass katastrophale zivilisationsbedrohende Klimaveränderungen rechtzeitig verhindert werden könnten. Es bleibt jedoch bei der Annahme. Jetzt heißt es schon dass wir mit den Folgen des Klimawandels leben müssen. Die Frage ist – können wir das überhaupt? Die Aussichten zeigen auf das wir es wohl eher nicht können. Dass dann eine Bewegung wie die Last Generation entsteht wundert mich nicht. Und anstatt sich die Politiker fragen warum junge Menschen solche radikalen Art von Demonstration wählen schreien sie nur nach härtere Bestrafung. Hier droht eine weitere Eskalation.

Ein kleiner Planet wie unsere Erde kann das Leben einer sich stetig ausbreitenden und wachsende Zivilisation ohne große Veränderung nicht mehr ermöglichen. Die Aufteilung in Hunderte Staaten, deren Interessen nur regional begrenzt sind und durch eingebildete örtliche Differenzen Kriege führen sowie der Glaube an beliebigen religiösen Dogmen, die Andersgläubige vernichten wollen muss überwunden werden. Beides ist in galaktischen Dimensionen völlig unwichtig und bedeutungslos. Hier muss sich unsere Zivilisation sich ändern, wenn sie trotz globaler Gefahren wie atomarer Zerstörung, Bedrohung durch Asteroiden, der Klimaveränderung, Pandemien und/oder wer weiß was sonst alles, überleben will und über das 21. Jahrhundert existieren will.

Ich weiß dass es leider utopisch ist und dass ist dann auch die Antwort für die große Stille in der Milchstraße.

Denkt man, an die zentrale Idee der Quantentheorie die besagt, das alles was passieren kann, auch tatsächlich passiert, dass alles was die Naturgesetze nicht explizit ausschließen, geschehen wird, wenn nur genügend Zeit zur Verfügung steht, dann kommt man zu dem Schluss das unsere Zivilisation nur aus dem Grunde entstanden ist, weil es einfach passieren konnte. Genauso dass wir uns durch unser Verhalten auch wieder selbst zerstören.

Was bedeutet es für uns, wenn die Existenz unseres Universums einfach unvermeidlich ist? Genauso wie die Entstehung von Zivilisationen und ihr unvermeidlicher Untergang?

Ich kann mich damit abfinden dass ich selber sterblich bin, aber dass die gesamte Menschheit vielleicht innerhalb von Hundert Jahren nicht mehr existiert – damit tue ich es mir mehr als nur schwer.
Denn was hat dann unser Tun, unsere Liebe, unsere Kunst noch für einen Sinn? Meine rationale Seele in mir sieht og. als logisch an, doch meine emotionale Seele in mir schreit auf, lehnt sich auf, will und kann es nicht akzeptieren und darum mache ich weiter, weil in mir  immer noch ein kleines bisschen Hoffnung ist, dass die Menschheit zur rechten Zeit eine weitere Zeitenwende einläutet, eine die in die richtige Richtung geht …

Admin - 13:47:49 | Kommentar hinzufügen